Über Nacht wurden Medienberichte laut, nach denen der ehemalige Vizepräsident Joe Biden die umkämpften Bundesstaaten Michigan und Wisconsin gewonnen hätte.
Damit geht Präsident Trumps demokratischer Herausforderer gemäss den Stimmen im Wahlgremium „Electoral College“ in Führung. Somit gewinnen auch wieder die Einschätzungen am Markt die Oberhand, die mit einem Machtwechsel in Washington DC rechnen. Derzeit müssen noch sechs Staaten ausgezählt werden, aber das neue Ausgangsszenario ist den meisten Marktteilnehmern folgend die sogenannte „Blue Tide“. Demnach haben die Demokraten die Kontrolle über das Weiße Haus und das Unterhaus im Kongress, die Republikaner behalten aber den Senat.
Es versteht sich von selbst, dass diese Entwicklungen von einigen Auseinandersetzungen begleitet werden. Medienberichten zufolge haben die Republikaner in mindestens einem Bundesstaat Klagen eingereicht. Forderungen wurden laut, die weitere Stimmenauszählung auszusetzen, insbesondere die der Briefwähler. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese offene Situation entwickelt und ob sich die Verkündung des endgültigen Wahlergebnisses von 2020 um Tage oder gar Wochen verzögern wird.
Nach derzeitigem Stand bedeutet der Erfolg der Demokraten unserer Ansicht nach Folgendes: einen moderaten fiskalischen Impuls, keine wesentlichen Änderungen des Körperschaft- und Einkommenssteuergesetzes und begrenzte neue Gesetzesinitiativen (aufgrund der Konstellation in Ober- und Unterhaus). Da größere Gesetzesänderungen jetzt weniger wahrscheinlich erscheinen, kann dies – paradoxerweise – als positiv für die Märkte angesehen werden, da per definitionem weniger Unsicherheit für die Anleger besteht. Dadurch könnten US-Aktien mittelfristig positiv tendieren. Auf jeden Fall ist der Kampf ums Weisse Haus derzeit noch lange nicht zu Ende, weitere Überraschungen sind nicht ausgeschlossen.
Quelle: lgt.com Stefan Hofer, Chef-Anlagestratege, Private Banking Asien
Wilson Cheung, Anlagestratege, Private Banking Asien
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